Es ist ein allseits bekanntes Phänomen: Am Anfang eines Projektes oder eines Veränderungsprozesses sind alle Beteiligten inklusive einem selbst Feuer und Flamme. Niemand stellt die Frage, ob ein Meeting wichtig, eine kurze Abstimmung zu utopischen Zeiten notwendig oder sonst ein Weg zu lang wäre. Und dann dauert der Prozess an. Erste Erfolge werden verzeichnet, an anderer Stelle zeigen sich Widerstände, die sich auch nicht so oft auflösen lassen. Und schließlich kommt der berüchtigte Alltag den vormals hehren Zielen nach Veränderung in den Weg. Und am Ende des Ganzen fragen sich die Beteiligten nicht selten unter anderem, wo ist uns das Projekt aus den Händen geglitten, wer ist dafür verantwortlich?
Nun, am Ende sind es sicherlich alle und niemand. Allerdings würde ich davon ausgehen, dass es interessantere als die Schuldzuweisungs-Fragen gibt, wenn es um eine konstruktive Veränderung des stabilen Musters z.B. eines Teams gehen soll. Denn geht man davon aus, dass jeder Mensch durch sein eigenes (Dazu)Tun oder Vermeiden maßgeblich am Erfolg oder Misserfolg von Projekten und Maßnahmen beteiligt ist, liegt eine entscheidende Dimension beim “Ich” im Prozess. Die Leitfrage dazu kann also lauten: “Wie kann ich das Projekt zum Gelingen führen und was sehe ich, dass das Projekt/der Veränderungsprozess braucht?”
Zugegeben, es handelt sich um zwei Fragen verpackt in einem Satz. Die Ausrichtung ist allerdings klar, die Veränderung passiert schwerpunktmäßig im Innen und nicht im Außen. Das eigene psychische System wird als wesentliche Ressource für Veränderungsprozesse verstanden und anerkannt. Und indem dieser Prozess zustande kommt, ergibt sich die Chance, strukturierte Veränderungen zu erzielen, so z.B. durch das folgende Modell zur Selbstreflexion.
Zentral in diesem Modell ist die Beziehung der vier Dimensionen, die sich innerhalb des gestrichelten Kreises bewegen. Dabei gibt es ein “Thema”, das durch ein “Ich” bearbeitet wird. Da die Bearbeitung des “Themas” auch von “Anderen” abhängig sein kann, taucht diese Dimension ebenfalls im Schaubild auf. Zudem wird durch das Modell die Dimension des “Raums” berücksichtigt, in der sich auch die Dimension “Zeit” wiederfindet. Das Zusammenspiel der vier Dimensionen entscheidet über die Art, wie erfolgreich, konfliktreich, fokussiert, etc. Veränderungsprozesse oder Projekte gestaltet werden.
Dass dieses System nicht freischwebend ist, wird durch die Dimension der “Umwelt” widergespiegelt, die sich im Außen des gestrichelten Kreises befindet. Durch sie erfolgen nicht steuerbare äußere Einflüsse, die die Dynamiken im Inneren des Kreises bedingen.
Die vorgesehene Lesart kennt für dieses Modell keine Kategorien wie richtig/falsch oder gut/schlecht. Vielmehr geht es um den Prozess der Erkenntnis und Orientierung, um in einem hochkomplexen Prozess die Orientierung behalten oder ggf. wiedererlangen zu können. Denn - so die nicht zu gewagte Arbeitsthese - es kann nur Steuern und zielführend agieren, wer weiß, wo er steht und welche Mittel der Veränderung ihm zur Verfügung stehen.
Und was bedeutet dies nun für das eingangs erwähnte Projekt oder den Veränderungsprozess? Nun, im besten Fall würde die Reflexionsform für die Frage “was braucht der Prozess” bereits viel früher einsetzen, denn die Protagonisten hätten dem Thema einen Raum zur Verfügung gestellt, indem sie genau diese Themen klären können.
Darin wären sie auch bereit, auf Veränderungen aus der System-Umwelt zu reagieren und die Maßnahmen anzupassen. Auf der einen Seite auf der Individualebene jeder für sich, auf der Gruppenebene gemeinsam.
Abschließend möchte ich gern jeden, der interessiert ist an Austausch, Diskurs und Weiterentwicklung einladen, mit mir über das Modell ins Gespräch zu kommen.
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